Modalpartikeln: Gewürze der deutschen Sprache

 

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„Partikeln“: Kleine Wörter mit großer Wirkung

Das Wort „Partikel“ (die Partikel; im Unterschied zu der Artikel, pl. die Partikeln) kommt aus dem Lateinischen – so wie fast alle Begriffe der Grammatik. Es bedeutet „Teilchen“, im Zusammenhang mit Sprache natürlich „Wörtchen“, kleines Wort: Viele Partikeln haben nur eine Silbe. Z.B.:

bloß, denn, doch, halt, ja, mal, nicht, schon, wohl

Mehr als eine Silbe haben

aber, eben, eigentlich, einfach, natürlich, ruhig

Warum sie „Modal“-Partikeln heißen, sehen wir unten.

Modalpartikeln sind Wörter, die auch in anderer Funktion vorkommen

Du kennst alle diese Wörter aus anderen Zusammenhängen, wo sie eine andere Funktion haben – Beispiele zur Erinnerung:

Ali ist groß, aber Helmut ist größer.
Im Sommer kann man mit bloßen Füßen (=ohne Schuhe, mit nackten Füßen) herumlaufen.
Wir brauchen heute keine Jacke, denn die Sonne scheint sehr warm.
Erst wollte Alma nicht mitkommen, aber dann ist sie doch mit uns ins Kino gegangen.
In Norddeutschland gibt es keine Berge; die Landschaft ist völlig eben.
Ich wollte eigentlich Lehrer werden, aber dann hat mich die Forschung mehr interessiert.
Wir haben heute nur ein einfaches Essen gekocht, weil wir wenig Zeit haben.
Halt, gehen Sie nicht weiter!
Kommt du mit ins Kino? – Ja, ich komme gerne mit.
Einmal in meinem Leben war ich schwer krank und wäre fast gestorben.
Ich weiß nicht, wo ich meine Armbanduhr hingelegt habe.
Im Wald ist es ganz ruhig, man hört nur die Vögel zwitschern.
Beeil‘ dich, der Bus ist schon da!
Ich fühle mich sehr wohl, wenn ich mit meinen Freunden zusammen bin.
Dieses Medikament wird ohne Einsatz von Chemikalien auf natürliche Weise gewonnen.

Das sind die gleichen Wörter, aber nicht als Modalpartikeln! Als Modalpartikeln haben diese kleinen Wörter eine andere Funktion als in den obigen Beispielen. Das will ich dir am Beispiel von „ja“ erklären. Stelle dir vor, ich rede mit dir über meine Arbeit an dieser Webseite, und ich sage zu dir:

Ich bin ja jetzt Rentner, und deshalb habe ich Zeit, die Webseite ONDAZ aufzubauen.

Du hast mich nichts gefragt, aber ich sage trotzdem „ja“. Lasse das „ja“ weg, und du siehst, man versteht den Satz noch genauso gut, und er ist immer noch grammatisch richtig:

Ich bin jetzt Rentner, und deshalb habe ich Zeit, die Webseite ONDAZ aufzubauen.

Die Funktion von Modalpartikeln am Beispiel von „ja“

Welchen Sinn hat also dieses „ja“? Kann man es überhaupt in andere Sprachen übersetzen? – In diesem Fall geht das ganz gut, deshalb habe ich dieses Beispiel ausgewählt.

Deutsch: Ich bin ja jetzt Rentner, und deshalb habe ich Zeit, die Webseite ondaz aufzubauen.
Englisch: As you know, I am retired now, so I have time to develop the website ondaz.

Französisch: Comme vous le savez je suis à la retraite maintenant, donc j’ai le temps de créer le site Web ondaz.
Arabisch:
: لقد تقاعدت الآن ، لذلك لدي الوقت لإنشاء موقع أونداز.

Mit diesem Beispiel möchte ich zwei Dinge zeigen:

  1. Ausnahmsweise ist Deutsch hier einmal kürzer als andere Sprachen: Das Wörtchen „ja“ drückt hier aus, wofür man in den anderen Sprachen einen Halbsatz braucht, weil es in diesen Sprachen keine Modalpartikeln gibt. Und in manchen anderen Fällen kann man die Modalpartikeln überhaupt nicht übersetzen.
  2. Es geht beim Gebrauch von „ja“ in diesem Beispiel nicht darum, etwas an dem Sinn meiner Aussage zu ändern, sondern es geht um die Gesprächssituation. Mit dem Wörtchen „ja“ erinnere ich dich an etwas, was du vielleicht längst weißt („as you know“). Mit „ja“ sage ich dir: Ich denke, dass ich dir schon einmal erzählt habe, dass ich jetzt Rentner bin. Wenn ich es jetzt noch einmal sage, dann meine ich damit nicht, dass du vergesslich oder nicht an mir interessiert bist. Ich möchte nur daran erinnern und deine Aufmerksamkeit auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt für unser Gespräch lenken. Ich versuche eine Gemeinsamkeit zwischen uns herzustellen.

Jetzt kann ich dir auch erklären, warum diese Wörtchen „Modalpartikeln“ heißen. Sie haben nichts mit der Information zu tun, die ich dir mitteile, nichts mit dem WAS („Ich bin jetzt Rentner“). Sie sagen etwas darüber aus, wie ich unser Gespräch gestalten möchte: Als ein persönliches Gespräch. Mit „ja“ sage ich: Lass uns gemeinsam darauf schauen, wie das Leben als Rentner ist und was ich als Rentner tun kann. Das WIE, die Art und Weise, in der etwas geschieht oder gesagt wird, heißt lateinisch modus, und darum heißen unsere Wörtchen „Modalpartikeln.“ Man könnte „Modalpartikeln“ auch übersetzen mit „Beziehungswörtchen„: Es geht um die Herstellung einer Beziehung zwischen den Gesprächspartner*innen.

Modalpartikeln als Ausdrucksmittel in der persönlichen Kommunikation

Modalpartikeln verwenden wir im persönlichen Gespräch, aber auch in persönlichen Briefen. Erwachsene verwenden sehr viele Modalpartikeln, wenn sie mit Kindern sprechen, und dadurch lernen Kinder ihren Gebrauch von Anfang an:

Du bist ja schon groß.
Was wünschst du dir denn zu deinem Geburtstag?
Du weißt doch, dass du das nicht tun sollst!
Hast du dir eigentlich vor dem Essen die Hände gewaschen?
Kannst du mir bitte mal helfen?
Ist das nicht schön?
Das kannst du doch wohl schon!
Laufe bloß nicht auf die Straße!
Das ist aber eine schöne Puppe!

Modalpartikeln kommen auch in der Literatur vor, z.B. wenn in einem Roman zwei Personen miteinander sprechen oder wenn erzählt wird, was eine Person denkt (innerer Monolog).

In der unpersönlichen Kommunikation mit unbekannten Personen, in geschäftlichen Briefen oder in Briefen an Behörden verwenden wir keine Modalpartikeln! Denn in diesen Situationen geht es nicht darum, eine persönliche Gesprächssituation herzustellen.

Modalpartikeln als „Gewürze“ der deutschen Sprache

Man kann Modalpartikeln nicht übersetzen, und man versteht einen Satz auch ohne Modalpartikeln: Sind sie also überflüssig?

Ich denke, am besten versteht man das durch einen Vergleich mit dem Kochen: Man kann auch ohne Salz und Gewürze kochen, und man kann satt werden von einem Essen, das kein Salz und keine Gewürze enthält. Aber es schmeckt nicht gut!

Modalpartikeln sind die Gewürze der gesprochenen Sprache. Sie geben der Sprache Farbe und Geschmack. Wenn du im Gespräch mit Deutschen an den richtigen Stellen Modalpartikeln benutzt, werden sie sich dir näher fühlen und dir mehr vertrauen. Denn Modalpartikeln stellen im Gespräch eine Beziehung her. Ohne Modalpartikeln ist eine zwanglose Plauderei (smalltalk) kaum möglich.

Aber Vorsicht: Manche Deutsch Lernenden gewöhnen sich an, bestimmte Modalpartikeln zu oft und an unpassenden Stellen zu benutzen. Sie glauben, „deutscher“ zu klingen, wenn sie in jeden Satz ein „ja“ einfügen, aber so funktioniert es nicht. Wieder hilft der Vergleich mit dem Kochen: Ein Essen ohne Salz schmeckt nicht so gut, aber zu viel Salz ist noch schlechter!

Zum Gebrauch der einzelnen Modalpartikeln

Hier geht es zu Artikeln über die einzelnen Modalpartikeln – mit Beispielen.

aber | bloß | denn | doch | eben | eigentlich | einfach | halt | ja | mal | nicht | natürlich | ruhig | schon | wohl

Und hier gibt es Übungen zum Gebrauch der Modalpartikeln.