Ausdrucksweisen der Möglichkeit oder Notwendigkeit

 

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Worum geht es hier?

Ausdrucksweisen der Möglichkeit oder Notwendigkeit – was ist damit gemeint?

Dass etwas passieren kann oder muss, lässt sich im Deutschen auf mehrere Weisen und mit grammatisch ganz unterschiedlichen Konstruktionen ausdrücken. Und damit haben wir schon eine der Ausdrucksweisen demonstriert: Es lässt sich ausdrücken ist eine Art zu sagen, dass ein Ausdruck möglich ist.

Es geht hier um Dinge, die in der Grammatik an verschiedenen Stellen vorkommen:

Hier bringen wir das alles zusammen.

Fünf Ausdrucksweisen der Möglichkeit oder Unmöglichkeit

Stelle dir vor, du siehst in der Ferne ein Verkehrsschild. Es ist so weit entfernt, dass niemand erkennen kann, was auf dem Schild dargestellt ist. Es gibt fünf Möglichkeiten, das auszudrücken:

  1. Man kann das Verkehrsschild von hier aus nicht erkennen. (man kann)
  2. Das Verkehrsschild kann von hier aus nicht erkannt werden. (kann + Passiv)
  3. Das Verkehrsschild ist von hier aus nicht zu erkennen. (sein + Infinitiv + zu)
  4. Das Verkehrssschild lässt sich von hier aus nicht erkennen. (sich lassen + Infinitiv)
  5. Das Verkehrsschild ist von hier aus nicht erkennbar. (sein + Adjektiv mit Endsilbe -bar, manchmal auch -lich oder -sam)

Drei Ausdrucksweisen der Notwendigkeit

  1. Man muss das Verkehrsschild beachten. (man muss)
  2. Das Verkehrsschild muss beachtet werden. (muss + Passiv)
  3. Das Verkehrsschild ist zu beachten. (sein + Infinitiv + zu)

Entsprechungen zu den Varianten 4. und 5. bei den Ausdrucksweisen der Möglichkeit gibt es bei der Notwendigkeit nicht. Aber natürlich kann man auch die Notwendigkeit verneinen:

  1. Man muss die Ratschläge von Freunden nicht befolgen.
  2. Die Ratschläge von Freunden müssen nicht befolgt werden.

Aber Achtung bei der dritten Variante:

3. Die Ratschläge von Freunden sind nicht zu befolgen.

Das ist grammatisch korrekt, hat aber eine andere Bedeutung als 1. und 2. Es bedeutet nämlich:

  1. Man darf/soll die Ratschläge von Freunden nicht befolgen.
  2. Die Ratschläge von Freunden dürfen/sollen nicht befolgt werden.

Also nicht du musst, sondern im Gegenteil: Mache es lieber nicht!

Sein + Infinitiv + zu: Möglichkeit oder Notwendigkeit?

Die Form Nr. 3 ist bei Möglichkeit und Notwendigkeit genau gleich:

  • Die Befehle des Kommandeurs sind zu hören. = Man kann die Befehle hören.
  • Die Befehle des Kommandeurs sind zu befolgen. = Man muss die Befehle befolgen.

Wie kann man den Unterschied erkennen? – Das lässt sich nur aus dem Zusammenhang erschließen. Eine wichtige Rolle spielt dabei, welches Verb verwendet wird. Hören ist eine Sinneswahrnehmung, und man kann das Hören nicht befehlen. Entweder ich kann etwas hören – oder ich kann es nicht hören, weil es zu leise ist oder weil ich schwerhörig bin. Und hören hat ein Adjektiv auf -bar: hörbar. Genauso ist es mit den anderen Sinneswahrnehmungen: sichtbar, fühlbar, spürbar, schmeckbar, riechbar, tastbar. Und ebenso Gedanken und innere Wahrnehmungen: denkbar, erkennbar, erinnerbar, verstehbar, einsehbar, glaublich. Wenn etwas zu glauben ist, dann heißt das, man kann es glauben, und nicht, man muss es glauben. (Religiöse Fundamentalisten sehen das anders.)

Bei Verben, die ein aktives Tun ausdrücken, das man verlangen oder befehlen kann, drückt die Form mit sein + Infinitiv + zu eine Notwendigkeit oder Verpflichtung aus:

  • Die Anweisungen des Sicherheitspersonals sind zu befolgen.
  • Der Reisepass ist vorzulegen.
  • Die Dokumente sind aufzubewahren.

Hier merkt man schon: Diese Ausdrucksweisen gehören zum „Amtsdeutsch“ und finden sich häufig in Briefen oder Merkblättern von Behörden. Und damit haben wir ein weiteres Unterscheidungskriterium: den Kontext einer Kommunikation. In amtlichen Texten bezeichnet die Ausdrucksweise mit sein + Infinitiv + zu so gut wie immer, dass du etwas tun musst. Wenn das Amt dir etwas anbietet, was du freiwillig tun kannst, dann wird man das anders ausdrücken.

Übungen

Auch zu diesem Thema habe ich für dich einige Übungen entwickelt, die du hier findest.